Willkommen in der Stadtkirche Aarburg
Vielleicht haben Sie den beschwerlichen Weg über die vielen Stufen gewählt, vielleicht sind Sie mit dem Lift heraufgekommen: Schön, dass Sie zu uns gefunden haben!
Vom Plateau aus, auf dem unsere Stadtkirche steht, haben Sie einen wunderschönen Blick auf die Dächer der Altstadt und die Aare. Haben Sie die «Aarewoog» am rechten Flussufer entdeckt? «Hier oben fühlt man sich dem Himmel gleich viel näher», sage kürzlich eine Besucherin und zweifellos: Der Schlossfelsen, auf dem unsere Kirche steht, ist ein besonderer Platz.
Bereits um das Jahr 1300 stand hier eine Kapelle zu Ehren des «Ritters Sankt Georg auf dem Stein». Im Jahr 1415 wurde der Aargau bernisches Herrschaftsgebiet und weiter oben, in der Festung, da waltete ein bernischer Vogt seines Amtes. Die «gnädigen Herren von Bern» bestimmten das Geschehen im Ort und in der Kirche, die 1484 zu eigenständigen Pfarrkirche erhoben wurde. Die Herren von Bern bestimmten 1528 auch, dass die Aarburger nunmehr zum reformierten Glauben überzutreten hätten.
Ein kurzes Augenzwinkern nebenbei: Der letzte katholische Priester, Heinrich Schlosser, wurde der erste reformierte Pfarrherr Aarburgs….
Im Mai 1840 wütete in Aarburg ein schrecklicher Brand, dem ein grossen Teil des Städtchens und auch die mittelalterliche Kirche zum Opfer fiel.
Zwischen 1842 und 1845 entsteht, vom Basler Architekten Johann Jakob Heimlicher geplant, der jetzige Kirchenbau im Neugotischen Stil. Besonders markant die beiden Türme, die weit ins Land grüssen. Die Kirche steht unter eidgenössischem Denkmalschutz.
Nach mehreren Umbauten erhielt sie 1995/96 ihr ursprüngliches Aussehen zurück.
Die Schlichtheit und Klarheit der Architektur ist nicht nur Ausdruck inniger und stiller Frömmigkeit. Auch der Weg zur Einkehr und Besinnung sei hier leichter zu finden.
Hier auf dem Fels stand im Mittelalter eine kleine Kapelle, die dem Hl. Georg geweiht war. Der Hl. Georg ist bekannt als der Drachentöter und der Legende folgend war das Land, nachdem er den Drachen getötet hatte, von allem Unheil befreit….
Worin der Unterschied zwischen einer Kapelle und einer Kirche besteht ist Ihnen bekannt? Ja, es stimmt: In einer Kapelle wirkt kein eigener Pfarrer. Dieser kommt nur sporadisch in das Gotteshaus. Im Falle Aarburgs kam er vom Stift in Zofingen.
Historisch belegt ist, dass es die beharrlichen Einwohner Aarburgs im Jahre 1484 geschafft hatten, für ihr Kirchlein den Status einer Pfarrkirche zu erwirken.
Das Kleinod romanischer und frühgotischer Baukunst fiel am 3. Mai 1840 dem sagenhaften Stadtbrand zum Opfer. «Nicht als die schwarzen, nackten Mauern stehen noch» weiss der Chronist zu berichten und es dauerte mehr als fünf Jahre, ehe die heutige Stadtkirche im November 1845 ihrer Bestimmung übergeben werden konnte.
Was Sie heute sehen, ist das Werk des Basler Architekten Johann Jakob Heimlicher, Sohn eines Maurermeisters und Steinmetzen aus Neuhausen am Rheinfall.
Die Bürger Aarburgs hatten dem Architekten philosophische Auflagen gemacht: «Wir wollen, das die Menschen späterhin sagen können: Unsere Vorfahren waren edle, fürs Schöne, Erhabene und Religiöse begeisterte Menschen!»
Unübersehbar hat der Architekt, ganz im Sinne Zwinglis, der die Einfachheit über alles liebte und gegen die Verehrung von Bildern, Reliquien predigte, dem Religiösen das grösste Gewicht gegeben.
Die Schlichtheit und die Klarheit der Architektur sind heute noch überzeugend. Wenn sich Menschen heute fragen «welchen Pomp braucht Gott?» – unsere Vorfahren mögen sich bereits die gleiche Frage gestellt haben und mit diesem Kirchenbau eine gültige Antwort gefunden haben.
Die drei Gleichnisse
Dann sagte Jesus: «Ein Mann hatte zwei Söhne. Der Jüngere sagte zum Vater: Vater, gib mir den Teil der Erbschaft, der mir zusteht. Da teilte der Vater seinen Besitz unter den Söhnen auf. Ein paar Tage später machte der jüngere Sohn seinen Anteil zu Geld und wanderte in ein fernes Land aus. Dort verschleuderte er sein ganzes Vermögen durch ein verschwenderisches Leben. Als er alles ausgegeben hatte, brach in dem Land eine grosse Hungersnot aus. Auch er begann zu hungern. Da bat er einen Bürger des Landes um Hilfe. Der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er wollte seinen mit den Futterschoten stillen, die die Schweine frassen. Aber er bekam nichts davon. Da ging der Sohn in sich und dachte: Wie viele Arbeiter hat mein Vater und sie alle haben reichlich Brot zu essen. Aber ich komme hier vor Hunger um. Ich will zu meinem Vater gehen und ihm sagen: Vater, ich habe Schuld auf mich geladen – vor Gott und vor dir. Ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden. Nimm mich als Arbeiter in deinen Dienst. So machte er sich auf den Weg zu seinem Vater Sein Vater sah ihn schon von Weiten kommen und hatte Mitleid mit ihm. Er lief seinem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Aber sein Sohn sagte zu ihm: Vater, ich habe Schuld auf mich geladen – vor Gott und vor dir. Ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden. Doch der Vater befahl seinen Dienern: Holt schnell das schönste Gewand aus dem Haus und zieht es ihm an. Steckt ihm einen Ring an den Finger und bringt ihm Sandalen für die Füsse. Dann holt das gemästete Kalb her und schlachtet es: Wir wollen essen und feiern! Denn dieser Sohn hier war tot und ist wieder lebendig. Er war verloren und ist wiedergefunden. Und sie begannen zu feiern. Der ältere Sohn war noch auf dem Feld. Als er zurückkam und sich dem Haus näherte, hörte er Musik und Tanz. Er rief einen der Diener zu sich und frage: Was ist denn da los? Der antwortete ihm: Dein Bruder ist zurückgekommen! Und dein Vater hat das gemästete Kalb schlachten lassen, wie er ihn gesund wiederhat. Da wurde der ältere Sohn zornig. Er wollte nicht ins Haus gehen. Doch sein Vater kam zu ihm heraus und redete ihm gut zu. Aber er sagte zu seinem Vater: Sieh doch: So viele Jahre arbeite ich schon für dich! Nie war ich ungehorsam. Aber mir hast du noch nicht einmal einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden feiern konnte. Aber der da, dein Sohn, hat dein Vermögen mit Huren vergeudet. Jetzt kommt er nach Hause, und du lässt das gemästete Kalb für ihn schlachten. Da sage der Vater zu ihm: Mein lieber Junge, du bist immer bei mir. Und alles, was mir gehört, gehört auch dir. Aber jetzt mussten wir doch feiern und uns freuen: Denn dein Bruder hier war tot und ist wieder lebendig. Er war verloren und ist wiedergefunden (Lukas 15, 11-32).
«Oder stellt euch vor: Eine Frau besitzt zehn Silbermünzen. Wenn sie eine davon verliert: Wird sie da nicht eine Öllampe anzünden, das Haus fegen und in allen Ecken suchen, bis sie das Geldstück findet? Und wenn sie es gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: Freut euch mit mir! Ich die Silbermünze wiedergefunden, die ich verloren hatte. Das sage ich euch: Genauso freuen sich die Engel Gottes über einen mit Schuld beladenen Menschen, der sein Leben ändert.» (Lukas 15, 8-10).
Was meint ihr: Ein Mann besitzt hundert Schafe, aber eines verläuft sich. Wir er dann nicht die neunundneunzig Schafe im Bergland zurücklassen und losgehen, um das verirrte Schaf zu suchen? Und wenn er es gefunden hat – Amen, das sage ich euch: Er freut sich über dieses Schaf viel mehr als über die neunundneunzig anderen Schafe, die sich nicht verlaufen haben (Matthäus 18, 12-13). Stellt euch vor: Einer von euch hat hundert Schafe und verliert eines davon. Wird er dann nicht die neunundneunzig Schafe in der Steppe zurücklassen und das verlorene Schaf suchen, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voller Freude auf seine Schultern und trägt es nach Hause. Er ruft Freunde und Nachbarn zusammen und sagt ihnen: Freut euch mit mir! Ich habe das Schaf wiedergefunden, das ich verloren hatte (Lukas 15, 4-6).
Die Glocken der Stadtkirche
Von den alten, 1840 verbrannten Glocken ist nichts überliefert. Die neuen Glocken wurden 1844 von Jakob Rüetschi in Aarau gegossen. Zusätzlich erhielt die Kirche von der Ortsbürgergemeinde Aarau eine ältere Glocke aus dem 1663 geschenkt, so dass das C-Dur-Geläut vierstimmig erklingt. Diese Glocke ist ein historisch sehr bedeutendes Stück, nämlich die wohl einzige noch erhaltene und im Dienst befindliche Glocke zweier Aarauer Giesser des 17. Jahrhunderts. Die Glock enthält eine zweizeilige Inschrift und einen Akanthusfries, ausserdem fällt sie durch ihre eigenwillige Form mit völlig flacher Haubenplatte auf.
Die vier Glocken wurden von freiwilligen Arbeitsleuten auf eigens angefertigten Traggestellen zur Kirche hinauf transportiert. Das Geläut setzt sich wie folgt zusammen:
- Glocke 1 (Ton e’) 1313 kg – 1844 von J. Rüetschi, Aarau
- Glocke 2 (Ton g’) 822 kg – 1844 von J. Rüetschi, Aarau
- Glocke 3 (Ton c’’) ca. 350 kg – 1663 von J. Gysi und Hans Georg Richner, Aarau
- Glocke 4 (Ton e’’) 197 kg – 1844 von J. Rüetschi, Aarau
Für den Kirchenneubau 1845 schenkte die Stadt Zofingen die neue Kirchenuhr, die wohl aus dem dortigen Stadtturm beim unteren Tor stammte. Samuel Blum aus Zofingen montierte das wertvolle handgeschmiedete Werk, das noch bis 1929 seinen Dienst versah und heute im Aarburger Heimatmuseum zu besichtigen ist.